Date: 23/10/1948



Place: Basilea, Svizzera

ID: LLET019594




A b s c h r i f t .

 

Basel, den 23. Oktober 1948.

 

Herrn

Prof. Dr. Edwin Fischer,

Hertenstein. Luzern

 

Sehr verehrter Herr Doktor,

Die Herren G. Ricordi & Co., Mailand, übergeben mir die Kopie Ihres Briefes vom 14. Juli, sowie die Kopien der Briefe an Sie vom 27. Juli und 14. September a.c.

Gleichzeitig beauftragen mich die Herren G. Ricordi & Co., mich mit Ihnen und dem Rechtsnachfolger des Verlages Ullstein, d.h. Verlag des Druckhauses Tempelhof, in Verbindung zu setzen, um die Schwierigkeiten, die es scheinbar für die Veröffentlichung Ihrer Bach-Bearbeitungen seitens der Firma G. Ricordi & Co., Mailand, gibt, überwinden zu können.

 

Mir scheint, dass wir zuerst versuchen müssen (wenn Sie einverstanden sind) Sie von Ihren Verpflichtungen, die Sie seinerzeit mit dem Verlag Ullstein eingegangen sind, zu befreien. Da Ihre Kopie des Vertrages mit Dr. Lévy leider verloren gegangen ist, so bin ich nicht in der Lage, prüfen zu können, wie diese Verpflichtungen Ihrerseits dem Verlag Ullstein gegenüber lauten.

 

Auf jeden Fall scheint mir dass:

1. es ist fraglich, ob der Verlag Ullstein das Recht gehabt hat, Ihre Bach-Bearbeitungen einem andern Verleger zu übergeben. Es ist überhaupt nicht sicher, ob Sie seinerzeit mit dem Verlag Ullstein ein solches Abkommen (d.h. Ihre Bach-Bearbeitungen einem andern Verlag zu übergeben) getroffen haben.

 

2. Wie Sie richtig in Ihrem Brief vom 14. Juli an Dr. Clausetti erwähnen, haben Sie grossen künstlerischen und materiellen Schaden wegen des Nicht-Druckes und der Nicht-Verbreitung Ihrer Bach-Bearbeitungen. Wie aus Ihrem Brief hervorgeht, so hat der von Ihnen damals mit dem Verlag Ullstein getätigte Vertrag vorgesehen:

 

a) eine Leistung von Dr. Edwin Fischer (indem er seine Bach-Bearbeitungen dem Verlag Ullstein zum Druck und zur Verbreitung übergeben hat),

 

b) eine Gegenleistung des Verlages Ullstein Herrn Dr. Edwin Fischer gegenüber (d.h. ihm 4% pro Verkaufsexemplar seiner Bach-Bearbeitungen zu bezahlen).

Wenn die Gegenleistung seitens des Verlages Ullstein, oder seines Rechtsnachfolgers Ihnen gegenüber nicht erfolgen kann, weil Ihre Bach-Bearbeitungen nicht gedruckt werden können, auch aus Gründen höherer Gewalt, so muss auch Ihre Leistung (d.h. die Uebergabe Ihrer Bach-Bearbeitungen an den Verlag Ullstein, oder dessen Rechtsnachfolger) aufhören, der alte Vertrag wird hinfällig und Sie müssen das Recht haben, über Ihre Bearbeitungen anderweitig zu verfügen.

 

Dies wäre meine Meinung und ich glaube auch, dass niemand von Ihnen verlangen kann, da schon seit mindestens 20 Jahren Ihre Bearbeitungen nicht mehr gedruckt worden sind, dass Sie dadurch noch weiterhin künstlerischen und materiellen Schaden erleiden. Kann überhaupt der Verlag des Druckhauses Tempelhof ein Datum angeben und es auch einhalten, wann Ihre Bach-Bearbeitungen gedruckt und in der ganzen Welt verbreitet werden können? Sicher nicht! Und warum müssen Sie nicht das Recht haben, Ihre Bearbeitungen einem andern Verlag zu übergeben, der sie sofort drucken und in der ganzen Welt verbreiten könnte und Sie dadurch die entsprechenden künstlerischen und finanziellen Vorteile von Ihren Bearbeitungen geniessen könnten?

Der Fall wäre anders, wenn Sie ein festes Honorar als einmalige Abfindung für Ihre Bach-Bearbeitungen bekommen hätten. In diesem Fall wäre überhaupt nichts zu unternehmen. Aber da dies nicht den Tatsachen entspricht, so wäre es meiner Meinung nach angebracht, mit dem Verlag Ullstein, d.h. mit seinem Rechtsnachfolger Druckhaus Tempelhof zu verhandeln und zu versuchen, Sie von Ihren Verpflichtungen mit dem ehemaligen Verlag Ullstein zu befreien.

 

Wenn Sie mit meinen Ausführungen einverstanden sind und mich autorisieren würden, auch in Ihrem Namen zu verhandeln, so könnte ich mich mit dem Verlag Druckhaus Tempelhof in Verbindung setzen, meine Gründe angeben und eventuell eine Entschädigungssumme im Namen von G. Ricordi & Co. Offerieren, um die Angelegenheit zwischen Ihnen, dem Verlag Ullstein und dem Verlag G. Ricordi & Co. Freundlicherweise zu regeln.

Bevor ich jedoch an diesen Verlag, Druckhaus Tempelhof, schreibe, möchte ich gerne wissen, wie Sie darüber denken.

 

Ich bitte Sie deshalb, sehr verehrter Herr Doktor, mir zu schreiben und ich werde mich daraufhin sofort mit dem Verlag, Druckhaus Tempelhof, in Verbindung setzen und Sie stets auf dem Laufenden von dieser Angelegenheit halten.

 

Empfangen Sie meine allerbesten Grüsse und

 

mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr

gez. Dr. G. Pagano.

Transcription by Alessio Benedetti, Maurizia Pelaratti
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No. Sheets 2
Size 295 X 210 mm

Letter name LLET019594